Deutschlands vergessene Hauptstadt
Bagamoyo war die erste Hauptstadt Deutsch-Ostafrikas Ende des 19. Jahrhunderts. Bagamoyo bedeutet auf Kisuaheli etwas wie: „Leg dein Herz nieder“. Der Name entstand dadurch, dass die Sklaven ihre Hoffnung, wieder frei zu werden, auf dem Festland lassen mussten, bevor sie in die Boote am Hafen stiegen. Heute kann man noch viel der vergangenen Geschichte entdecken, doch die Stadt ist in einen tiefen Dornröschen-Schlaf gefallen.
Deutschlands vergessene Hauptstadt - Bagamoyo
Die Entscheidung fiel für den 06:30 Uhr Bus, da wir lieber im Bus schlafen wollten, um früher an unserem Ziel anzukommen. Denn heute geht es weiter und wir fahren nach Bagamoyo. Die Fahrt sollte zwischen 6-8 Stunden dauern. Das Busticket kostete 15000 TSH (5,80€) und der Reisebus sah modern und bequem aus.
Immer wenn wir eine längere Reise vor uns haben fahren wir am liebsten früh morgens. Man weiß nie, was einen unterwegs erwartet, weder ob es sich verzögert.
Im Bus machten wir es uns bequem und ich war bereit weiterzuschlafen, aber ich wurde prompt in die Realität zurückgeholt, als der Fernseher laute kenianische Musik von sich gab. Es wurde lautstark die aktuellen Popsongs mit dem dazugehörigen Video abgespielt. Ohne zu übertreiben, war es so laut, dass es sogar ohne einen Schlafwunsch als störend empfunden werden könnte. Ich schüttelte nur den Kopf, denn es war unmöglich bei diesem Lärm zu schlafen. Warum hatte ich überhaupt nur diese Illusion, dass ich im Bus weiterschlafen könnte? Mittlerweile sollte ich es doch besser wissen!
Die Fahrt war gar nicht so schlecht, außer das es keine Pinkelpausen gibt! Wie machen das nur alle, so lange ohne Toilette auszuhalten?
Der Bus ließ uns am Rande der kleinen Stadt Bagamoyo und wir trampten, um zu unserer Unterkunft zu gelangen. Es waren nur 2 km, aber wir waren zu faul, um mit unserem Rucksack bis dorthin zu laufen. Schon nach einer Minute nahm uns ein netter Mann mit, der uns direkt ein paar Straßen neben unserem Ziel abließ. Er sagte, dass er anhielt, weil er sehr neugierig war, was wir hier machen. Es gäbe sehr wenige Touristen in dieser Stadt, daher wollte er uns kennenlernen.
Obwohl wir nur wenige Meter von unserem Airbnb entfernt waren, hatten wir Schwierigkeiten es zu finden. Wir hatten keine Adresse, sondern nur einen GPS Punkt auf der Karte und es schien, dass wir uns im Kreis drehten. Selbst wenn wir eine Adresse hätten, es ist ja nicht so, dass es Straßenschilder oder Hausnummern gäbe. Auf der Suche maschierten wir aus Versehen durch den Innenhof einer Schule, sodass alle Kinder auf uns zu gerannt kamen. Jeder berührte unsere Hände, manche sogar meine Haare. Auch zwei Lehrer näherten sich uns und nach einem kurzen Gespräch zeigten sie uns sogar die Schule. Der versehentliche Besuch stellte sich als gelungen heraus, denn wir bekamen einen netten Einblick in die Klassenzimmer.
Danach fanden wir endlich unsere Unterkunft. Ich erkannte das Haus da es in der Anzeige ein Foto davon gab. Inmitten einer einheimischen Siedlung stand unser kleines Apartment. Es war ein echtes Highlight hier zu schlafen, denn man konnte den Flair dieser Gegend täglich spüren.
Direkt gegenüber von unserem Haus, verkaufte eine Frau Kokosnüsse. Sie lag den ganzen Tag am Boden und wartete, ob jemand eine Kokosnuss kauft. Schon komisch manchmal, womit die Leute ihre Zeit verbringen, aber wir kauften von ihr natürlich eine Kokosnuss!
Ein paar Häuser weiter kochte eine andere Frau jeden Morgen frische Mandazi und Chapati. Mandazi sind frittierte Teigtaschen, die zum Frühstück verzehrt werden. Wir haben sie zwar mehrmals probiert, sie sind jedoch nichts für mein tägliches Frühstück. Etwas zu fettig für meinen Geschmack.
Auch am Hafen von Bagamoyo gibt es allerhand zu entdecken!
Nicht nur sieht man traditionelle Fischer mit ihren Booten, sondern auch die Beute die sie mitbringen. Hier ist viel los, aber man merkt, dass die Stadt etwas verschlafen ist. Alles wird „Pole Pole“ gemacht. Das heißt „langsam“ und scheint das generelle Motto zu sein, denn man hört es an jeder Straßenecke. Bist du mal in Eile, wird dir sofort Pole Pole zugerufen.
Dass wir die einzigsten Touristen in der Stadt sind, merkten wir schnell. Nicht nur sahen wir niemanden außer uns, sondern die meisten Leute näherten sich uns auch. Sie wollten sich mit uns unterhalten, sie waren neugierig und interessiert. Wir freuten uns sehr darüber, mit den Einheimischen in Kontakt zu treten und nutzten jede Gelegenheit um das zu tun. Wir haben eigentlich immer die gleiche Erfahrung gemacht, dass uns die kleinen, unscheinbaren, nicht touristische Orte, am Besten gefallen. Es ist authentisch, alle sind freundlich und man lernt das Land richtig gut kennen.
07.02.2020
Jedes Airbnb wird von einem Hausmädchen in Schuss gehalten. So war es auch hier und morgens kam eine nette junge Frau und fragte, ob sie unser Apartment säubern sollte und ob wir etwas bräuchten.
Wir nutzten die Gelegenheit, um sie nach Fahrrädern zu fragen. Wir wollten wieder eine Spritztour machen und die Gegend erkunden. Prompt organisierte sie uns zwei Fahrräder. Sie waren zwar nicht im besten Zustand, aber es reichte für unsere Pläne.
Wir machten uns auf den Weg zu den 5 km entfernten Kaole Ruinen.
Die Fahrt war klasse, obwohl es sehr heiß war! Das Wasser tropfte uns nur so von der Stirn, die Kleidung war klitsch nass und wir suchten immer wieder den Schatten, um einen Moment zu verschnaufen. Es war sicherlich über 30 Grad!
Ich habe bemerkt, dass es mir richtig gut gefällt, mit dem Fahrrad unterwegs zu sein. Man kann die kleinen Dörfer und all ihre Straßen erkunden, vor allem ist man unabhängig.
Bei den Ruinen angekommen, haben wir wieder den Preis verhandelt und eine Reduzierung von 50 Prozent erreicht. Die Ruinen selbst waren nicht besonders spektakulär. Unser Führer erklärte uns, dass es sich um eine Moschee aus dem 17. Jahrhundert handelt. Auch sahen wir auf dem Gelände Affen, die in den Bäumen spielten und uns mit neugierigen Blicken beobachteten. Unser Führer erzählte uns auch, dass die Flut bis zu diesen Bäumen kommt. Diese Stelle war 2,5 km vom Meer entfernt und so weit steigt das Wasser täglich. Ist das nicht unglaublich? Nachdem wir des Öfteren diesen extremen Wasseranstieg gesehen haben, wundere ich mich nicht mehr, wie mein Handy in Kenia von der Flut erfasst wurde. Es ist dennoch erstaunlich!
Ein 500 Jahre alter Baobab Baum zierte das Gelände. Hier trafen wir auf zwei junge Männer die den Baum laufend umkreisten. Auf Nachfrage, warum sie das machten, erzählten sie uns von einer Sage über diesen Baum. Es heißt, für jede Runde, die man um den Baum läuft, verlängert sich das Leben um ein Jahr. Man muss jedoch in Uhrzeigerrichtung laufen. Tom schloss sich direkt dieser Aktivität an und umkreiste den Baum ein paar Mal.
Auf der Rückfahrt stoppten wir, um zu Mittag zu essen. Eine Frau am Straßenrand in einem Dorf kochte und hier hielten wir an. Wir aßen wie fast jeden Tag Bohnen. Sie waren richtig lecker und kosteten nur 0,20€, einfach unglaublich! Mit der Frau konnten wir uns aber leider nicht unterhalten, da sie kein Englisch sprach. Dennoch nutzen wir unsere neuen Sprachkenntnisse und zumindest konnten wir uns für das leckere Essen bedanken und auch nach dem Preis fragen.
Wir fuhren nun an das andere Ende der Stadt, schauten uns ein paar Kirchen an, besuchten eine Bücherei und streiften mit unseren Fahrrädern durch die Straßen.
Auch landeten wir in Siedlungen, die sehr arm waren. Generell sind die Wohnsiedlungen in Dörfern sehr einfach, aber meist sind die Häuser aus Stein. Hier sah man jedoch viele Lehmhäuser und Eigenkonstruktionen. Die Kinder spielten auf der Straße, wie überall und die Frauen kochten vor den Häusern. Obwohl es etwas komisch war, dort hindurch zu fahren, entgegneten wir immer nur lächelnden Menschen. Niemand schaute uns negativ an oder gab uns ein komisches Gefühl. Wir waren sehr neugierig und nutzen die Zeit, denn wir hatten ein Fahrrad, aber wir fuhren eigentlich ohne Plan durch das Dorf.
Müde und überhitzt kamen wir zurück, kauften wieder von der Nachbarin eine Kokosnuss und genossen den restlichen Tag auf unserer kleinen, gemütlichen Terrasse.
Ein gelungener Ausflug! Bagamoyo ist definitiv ein Besuch Wert! Es ist zwar ein verträumtes Dorf, in dem die Zeit langsam voran geht, aber man fühlt sich als Tourist richtig gut! Man wird angelächelt und mit neugierigen Fragen durchlöchert! Ein glücklicher Ort, an dem wir hätten länger verweilen können, wenn wir in einer gemütlicheren Stimmung gewesen wären. Doch wir waren zu neugierig, um schon bald nach Daressalam weiterzuziehen.